Das IQ-Huhn erklärt die Welt, exakt, prägnant, fehlerfrei – fast fehlerfrei: Im Winterschlaf gibt es mich nicht als Huhn, ich bin frei.
Ich frage mich, ob ich Tiere beneiden soll, die einen Winterschlaf halten. Vergessen die Tiere in dieser Zeit ganz sich selbst? Oder träumt der Igel davon, ein Igel zu sein, oder will er im Traum lieber ein Bär sein? Ich schlafe gern, ich träume gern, und wenn ich mich ganz vergesse, stört es mich nicht. Vielleicht könnte der Winterschlaf für mich so etwas wie ein Urlaub von meinem Huhn-Leben sein. Ich will nicht sagen, dass ich nicht gern ein Huhn bin, aber mein Leben ist anstrengend. Ein Huhn lebt eigentlich nicht allein. Aber wo gibt es Hühner wie mich? Wo gibt es Hühner, die keine Sklaven von Menschen sind?
Im Winterschlaf könnte ich all das vergessen. Ich würde mich irgendwo auf Laub gebettet in einer Höhle verstecken, für Monate. Nichts würde mich mehr berühren, nur Ruhe. Es gäbe keine Menschen, vor denen ich davonlaufen müsste, keine Ängste, keine Fragen. Mein Herz würde so langsam schlagen, dass ich schon fast die Grenze des Jenseits berühren könnte. Trotzdem ginge ich nicht verloren. Das Laub, das mich trüge, wäre Zeuge meines Schlafs. Mit einem Knistern könnten die welken Blätter meine Geschichte erzählen: Es war einmal ein Huhn, das war anders als andere Hühner. Es wusste nicht, warum es ein Leben weit entfernt von Artgenossen führen musste. Es wusste nicht, ob ein Sinn darin lag. Es dachte viel über sein Leben nach, ohne Antworten auf seine Fragen zu finden. War dieses Leben Glück oder tragisches Schicksal? Irgendwann war es so müde, dass es, ganz untypisch für seine Art, in einen langen Winterschlaf fiel. War es jetzt ein glückliches Huhn? Es schlief und schlief.
Und was ich noch sagen wollte, für mich als Huhn ist es unfassbar, dass menschliche Eltern ihre Kinder verkaufen.
Das IQ-Huhn erklärt die Welt: Wie anders sind Raben